Craig Murrays Bericht zur Assange Verhandlung in Belmarsh, Tag 1

Dies ist eine Übersetzung der Berichterstattung des Briten Craig Murray über die Verhandlungen im Fall Julian Assange.

Die Originalquelle findet ihr hier.

Ihr Mann im Gerichtssaal – Assange Anhörung Tag 1

Der Woolwich Crown Court Gerichtshof wurde so gestaltet, daß er die Staatsmacht eindrücklich erkenntlich macht. Normale Gerichtshöfe in diesem Land sind öffentliche Gebäude, von unseren Vorfahren bewußt mitten in den Stadtzentren platziert, meistens nur wenige Schritte von einer Hauptstraße entfernt. Der Hauptgrund für ihre Platzierung und ihre Architektur war es, den öffentlichen Zugang zu begünstigen, in dem Glauben daß es fundamental wichtig sei, daß die Justiz für die Öffentlichkeit sichtbar ist.

Der Woolwich Crown Court, in dem auch der Belmarsh Magistrates Court beherbergt wird, wurde nach komplett gegensätzlichen Prinzipien erbaut. Er wurde mit keinem anderen Ziel entworfen als dem, die Öffentlichkeit auszuschließen. Angeschlossen an ein Gefängnis in einem windigen Sumpfgebiet, weit entfernt von normalen gesellschaftlichen Zentren, eine „Insel“ die man nur erreicht, indem man durch ein kompliziertes Geflecht doppelspuriger Schnellstraßen navigiert, sind der Standort und die Architektur des Gebäudes gänzlich darauf ausgelegt, der Öffentlichkeit den Zugang zu erschweren. Der Gerichtshof wird von dem selben Stahlzaun umringt der auch das Gefängnis umschließt. Es ist etwas durch und durch Außergewöhnliches. Ein Gerichtshof der Teil des Gefängnisses selbst ist, ein Ort an dem man bereits beim Eintreffen als schuldig und sich im Gefängnis befindend betrachtet wird. Woolwich Crown Court ist nichts anderes als die physische Negierung der Unschuldsvermutung, die schiere Inkarnation der Ungerechtigkeit in unnachgiebigem Stahl, Beton und Panzerglas. Es hat genau die selbe Beziehung zur Rechtssprechung wie Guantanamo Bay oder die Lubjanka. In Wahrheit ist es schlicht der Verurteilungsflügel des Belmarsh Gefängnisses.

Als ein Assange-Aktivist sich nach Räumlichkeiten erkundigte, in denen die Öffentlichkeit die Anhörung verfolgen kann, wurde ihm von einem Mitarbeiter des Gerichtshofs gesagt, daß wir uns darüber klar werden müssen, daß Woolwich ein „Terrorismusbekämpfungsgerichtshof“ sei. Das ist faktisch wahr, aber eigentlich ist ein „Terrorismusbekämpfungsgerichtshof“ eine Institution, die der Verfassung des Vereinigten Königreichs unbekannt ist. Tatsächlich muß man, wenn einen ein einziger Tag am Woolwich Crown Court nicht davon überzeugt, daß die Existenz freiheitlicher Demokratie nun eine Lüge ist, wahrlich engstirnig sein.

Auslieferungsanhörungen werden nicht am Belmarsh Magistrates Court innerhalb des Woolwich Crown Court abgehalten. Sie finden immer am Westminster Magistrates Court statt, da der Antrag auf Auslieferung als an die Regierung in Westminster gestellt erachtet wird. Und nun müssen sie sich Folgendes klar machen: Diese Anhörung ist eine Anhörung des Westminster Magistrates Court. Sie wird von Westminster Richtern und Mitarbeitern des Westminster Gerichtshof gehalten, aber findet am Belmarsh Magistrates Court innerhalb des Woolwich Crown Court statt. Diese merkwürdigen Verwicklungen dienen dazu, daß sie den „Terrorismusbekämpfungsgerichtshof“ nutzen können um den Zugang der Öffentlichkeit auf ein Minimum zu beschränken, und um Furcht vor der Macht des Staates zu schüren.

Eine Konsequenz im Gerichtssaal ist die, daß Julian Assange am hinteren Ende des Gerichtssaals, hinter einer Trennwand aus kugelsicherem Glas eingesperrt ist. Er hat während des Verfahrens mehrere Male darauf hingewiesen, daß dieser Umstand es ihm sehr erschwere, die Verhandlung zu sehen und zu hören. Die Richterin, Vanessa Baraitser, entschloß sich mit durchdachter Unehrlichkeit dies als ein Problem zu interpretieren, welches durch die sehr leise wahrnehmbaren Geräusche der Demonstration vor dem Gebäude verursacht wurde, anstatt die Problematik auf die Tatsache zurückzuführen, daß Assange durch einen massiven, kugelsicheren Glaskasten vom Gerichtssaal abgesperrt wurde.

Nun gibt es überhaupt keinen Grund für Assange sich in diesem Kasten zu befinden, welcher entworfen wurde um physisch extrem gewaltbereite Terroristen zu bändigen. Er könnte, wie es für den Angeklagten in solchen Verfahren üblich ist, zusammen mit seinen Anwälten im Gerichtssaal sitzen. Aber die feige und bösartige Baraitser hat wiederholte und hartnäckige Anfragen der Verteidigung, daß es Assange erlaubt wird bei seinen Anwälten zu sitzen, abgewiesen. Baraitser ist selbstverständlich eine Marionette, beaufsichtigt von Chief Magistrate Lady Arbuthnot, eine Frau so verstrickt in die Verteidigungs- und Geheimdienste, daß ich mir keine Weise vorstellen kann, auf die ihre Beteiligung an diesem Fall noch korrupter sein könnte.

Baraitser und Arbuthnot ist es egal, ob eine wirkliche Notwendigkeit dafür besteht, Assange in einem kugelsicheren Glaskasten einzusperren, oder ob es ihn daran hindert dem Gerichtsverfahren zu folgen. Baraitsers Absicht ist es, Assange zu demütigen, und dem Rest von uns Angst vor der unermesslich erdrückenden Macht des Staates einzuflößen. Die unerbittliche Stärke des Verurteilungsflügels des albtraumhaften Belmarsh Gefängnis muß aufrechterhalten werden. Wenn Du hier bist, bist Du schuldig.

Es ist die Lubjanka. Du magst Dich nur in Untersuchungshaft befinden. Dies mag nur eine Anhörung, keine Gerichtsverhandlung sein. Du magst keinerlei gewalttätige Vorgeschichte haben, und mußt auch nicht irgendeiner Form der Gewalt angeklagt sein. Dir mögen drei der angesehensten Psychiater des Landes eine ernsthafte klinische Depression und Suizidgefährdung attestiert haben. Aber ich, Vanessa Baraitser, werde Dich trotzdem in eine Kiste einsperren, die für die gewalttätigsten Terroristen geschaffen wurde. Um Dir zu zeigen, was wir mit Regimekritikern machen. Und wenn das bedeutet, daß Du dem Verfahren nicht folgen kannst, dann umso besser.

Was ich über den Gerichtshof sage wird für Sie vielleicht besser zu akzeptieren sein, wenn ich Ihnen erzähle, daß eine Anhörung die rund um die Welt verfolgt wird, in einem Gerichtssaal stattfindet, der eine Gesamtzahl von sechzehn Sitzplätzen für Angehörige der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt. 16. Um sicherzugehen, daß ich einen dieser 16 Plätze bekomme um Ihr Mann im Gerichtssaal zu sein, habe ich mich um 6:00 Uhr Morgens außerhalb dieses großen Eisenzauns in der Kälte angestellt. Um 8:00 Uhr wurde das Tor aufgesperrt, und ich konnte mich innerhalb des Zauns in einer weiteren Schlange vor den Türen des Gerichtshofes einreihen, wo ich trotz der Tatsache, daß die Ankündigungen besagten, daß das Gericht um 8:00 Uhr für die Öffentlichkeit geöffnet wird, für eine weitere Stunde und vierzig Minuten warten mußte. Dann wurde ich durch gepanzerte Doppeltüren geschleust, wurde durch flughafenähnliche Sicherheitskontrollen geschickt, und mußte vor zwei weiteren verschlossenen Türen anstehen bevor ich endlich meinen Platz einnehmen konnte, gerade als das Verfahren um 10:00 begann. Die Intention war, daß wir zu diesem Zeitpunkt durch und durch verängstigt und eingeschüchtert sein würden, und obendrein noch durchnäßt und womöglich unterkühlt.

Es gab einen separaten Eingang für die Medien, und einen Raum für die Medien mit live Übertragung aus dem Gerichtssaal, und es waren derart viele Medien vor Ort, daß ich das Gefühl hatte ich könnte mich entspannen, und bräuchte mir keine Sorgen machen, da die grundlegenden Tatsachen weit und breit berichtet werden würden. Tatsächlich hätte ich falscher nicht liegen können. Ich habe die Auseinandersetzungen während des gesamten Tages sehr aufmerksam verfolgt, und nicht eine einzige der wichtigsten Fakten und und Argumentationen des heutigen Tages wurde irgendwo in den Mainstreammedien berichtet. Das ist eine kühne Behauptung, aber ich fürchte sie ist gänzlich wahr. Daher habe ich viel Arbeit vor mir, um die Welt wissen zu lassen was tatsächlich passierte. Die schiere Tatsache ein aufrichtiger Zeuge zu sein ist auf einmal von extremer Bedeutung, wenn sämtliche Medien diese Rolle aufgegeben haben.

Kronanwalt James Lewis verlas die Anklageeröffnung. Diese bestand aus zwei Teilen, beide gleichermaßen außergewöhnlich. Der erste und längste Teil war wahrlich bemerkenswert, da er keinerlei rechtliche Argumentation beinhaltete, und da er nicht an die Richter, sondern an die Medien gerichtet war. Nicht nur war es offensichtlich, daß seine Bemerkungen an diese gerichtet waren, er hat tatsächlich zwei Mal während seiner Anklageeröffnung gesagt, daß er sich damit an die Medien richtet, einmal wiederholte er einen Satz und betonte explizit, daß er diesen Satz wiederhole, weil es wichtig sei, daß die Medien dies mitbekommen.

Ich bin ehrlich überrascht, daß Baraitser dies zugelassen hat. Es ist absolut unzulässig für einen Anwalt seine Bemerkungen nicht an den Gerichtssaal, sondern an die Medien zu richten, und es kann eigentlich keinen klareren Beweis dafür geben, daß dies ein politischer Schauprozess ist, und daß Baraitser daran beteiligt ist. Ich habe nicht den geringsten Zweifel, daß die Verteidigung extrem schnell aufgehalten worden wäre, wenn sie die Medien adressiert hätten. Baraitser gibt sich keinerlei Mühe so zu tun, als sei sie jemand anderem als absolut der Krone hörig, und damit der US Regierung.

Was Lewis die Medien wissen lassen wollte war Folgendes: Es ist nicht wahr, daß Mainstreampressekanäle wie der Guardian oder die New York Times ebenfalls von den Anschuldigungen gegen Assange bedroht seien, denn Assange werde nicht der Veröffentlichung der Depeschen beschuldigt, sondern nur der Veröffentlichung der Namen von Informanten, und desweiteren der Ermutigung Mannings, und damit diese bei dem Versuch des Hackens unterstützt zu haben. Nur Assange habe diese Dinge getan, nicht die Mainstreammedien.

Lewis fuhr damit fort eine Reihe von Artikeln aus den Mainstreammedien vorzulesen in denen Assange attackiert wird, als Beweis, daß die Medien und Assange nicht im gleichen Boot sitzen. Die gesamte Eröffnungsstunde bestand aus der Adresse der Medien durch die Anklage, in dem Versuch einen eindeutigen Keil zwischen die Medien und Wikileaks zu treiben, und zielte somit darauf ab die mediale Unterstützung für Assange zu reduzieren. Es war eine politische Ansprache, nicht im entferntesten eine juristische Vorlage. Gleichzeitig hatte die Anklage stapelweise Kopien dieses Teils von Lewis Ansprache vorbereitet, welche an die Medien ausgehändigt wurden und ihnen in elektronischer Form zugeteilt wurde, so daß sie in der Lage sind, Copy & Paste zu nutzen.

Nach einer Pause befrage Richterin Baraitser die Anklage nach dem Wahrheitsgehalt einiger derer Aussagen. Insbesondere die Behauptung, daß Zeitungen sich nicht in derselben Position befinden wie Assange, da Assange nicht der Veröffentlichung sondern der „Beihilfe“ Chelsea Mannings bei der Beschaffung der Materialien bezichtigt wird, schien nicht in Einklang mit Lewis Verlesung des 1989 Official Secrets Act (Amtsgeheimnisakt von 1989), welcher besagt, daß die bloße Beschaffung und Veröffentlichung von Regierungsgeheimnissen eine Straftat ist. Sicherlich, so suggerierte Baraitser, bedeute dies doch, daß Zeitungen sich allein durch das Veröffentlichen der Manning Leaks eines Vergehens schuldig machten?

Lewis schien hierdurch komplett überrumpelt. Das letzte was er erwartet hatte, war irgendeine Scharfsinnigkeit von Baraitser, deren einzige Aufgabe es doch war, zu tun was er sagte. Lewis druckste herum, nahm mehrmals seine Brille ab und setzte sie wieder auf, justierte wiederholte Male das Mikrofon und zog eine Folge von Papieren aus seiner Aktentasche, von deren Inhalt er jeweils überrascht schien, da er sie unglücklich durch die Luft wedelte und sagte, er hätte doch wirklich den Shayler Fall zitieren sollen, könne diesen aber nicht finden. Es war als würde man Columbo schauen, aber ohne den Charme, und ohne die tödlich scharfe Frage am Ende des Vorgangs.

Auf einmal schien Lewis einen Entschluß zu fassen. Ja, sagte er viel entschlossener. Der 1989 Official Secrets Act wurde nach dem Ponting Fall von der Thatcher Regierung eingeführt, speziell um das Öffentliche Interesse als Verteidigungsgrund zu entfernen und um den unautorisierten Besitz eines Amtsgeheimnisses zu einem Verbrechen mit verschuldensunabhängiger Haftung zu erklären – also egal wie man es erlangt hat, die Veröffentlichung und selbst der Besitz machen jemanden schuldig. Daher, nach dem Prinzip der beiderseitigen Strafbarkeit, wäre man im Falle Assange auslieferungspflichtig, unabhängig davon, ob er Chelsea Manning Beihilfe geleistet habe. Lewis fügte dann noch hinzu, daß jeder Journalist und jede Veröffentlichung eines Amtsgeheimnises ebenfalls eine Straftat darstellen würde, egal woher sie diese Information bekommen hätten, und egal ob dabei die Informanten namentlich genannt werden oder nicht.

Damit hatte Lewis soeben geradeheraus seiner gesamten Eröffnungsansprache an die Medien widersprochen, in welcher er ja darlegte, daß diese sich keine Sorgen machen bräuchten, da die Anschuldigungen gegenüber Assange diese niemals betreffen würden. Und er tat dies unverzüglich nach der Pause, direkt nachdem sein Team die Kopien der Argumente an die Presse ausgehändigt hatte, denen er nun komplett widersprach. Ich glaube nicht, daß es vor Gericht oft vorgekommen ist, daß ein leitender Staatsnwalt sich selbst so vollkommen und so unmittelbar als absoluter und böswilliger Lügner erwiesen hat. Dies war zweifellos der atemraubenste Moment der heutigen Anhörung.

Doch erstaunlicherweise kann ich zu diesem Vorfall keinerlei Erwähnung in den Mainstreammedien finden. Was ich finden kann, überall, sind die Berichte der Mainstreammedien, via Copy & Paste, über den ersten Teil von Lewis Aussage, warum die Strafverfolgung von Assange kein Gefahr für die Pressefreiheit darstellt; jedoch schien niemand berichtet zu haben, daß er sein eigenes Argument fünf Minuten später komplett über Bord geworfen hat. Waren die Journalisten zu dumm um den Wechsel zu verstehen?

Die Erklärung ist sehr simpel. Da die Erläuterung auf eine Frage folgte, die Baraitser Lewis gestellt hatte, gibt es keine gedruckte oder elektronische Aufzeichnung von Lewis Antwort. Seine ursprüngliche Ansprache wurde den Medien im Copy & Paste Format zur Verfügung gestellt. Sein Widerspruch selbiger würde es einem Journalisten abverlangen zuzuhören was im Gerichtssaal gesagt wird, es zu verstehen, und es aufzuschreiben. Es gibt derzeit keinen signifikanten Prozentsatz von Journalisten in den Mainstreammedien, die diese grundlegende Fertigkeit beherrschen. „Journalismus“ besteht aus Copy & Paste ausschließlich aus zugelassenen Quellen. Lewis hätte Assange in diesem Gerichtssaal erstechen können, es würde nicht berichtet werden sofern es nicht in einer Pressemitteilung der Regierung enthalten wäre.

Ich bin mir im unklaren über Baraitsers Motive hierbei. Offensichtlich bereitet sie Lewis schweres Unbehagen, und schien dies ziemlich zu genießen. Andererseits war das Argument, das sie anbrachte, nicht notwendigerweise hilfreich für die Verteidigung. Was sie im Wesentlichen sagte war, daß Julian aus Sicht des Vereinigten Königreichs aufgrund beidseitiger Strafbarkeit ausgeliefert werden könne, allein aufgrund der Veröffentlichungen, ob er nun mit Chelsea Manning konspirierte oder nicht, und daß alle veröffentlichenden Journalisten ebenfalls angeklagt werden können. Sicherlich wäre dies ein derartig extremes Argument, daß es notwendigerweise durch den Human Rights Act für ungültig erklärt werden müsse? Drängte sie Lewis darauf, einen Standpunkt so extrem auszusprechen, daß dieser unhaltbar würde – gab sie ihm genug Seil um sich selbst zu hängen – oder geiferte sie ob der Aussicht nicht nur auf Auslieferung Assanges, sondern auch auf Massenverfolgung von Journalisten?

Die Reaktion einer Gruppe war sehr interessant. Die vier Anwälte der US Regierung die direkt hinter Lewis saßen, hatten den Anstand, sehr sehr unbehaglich dreinzuschauen, während Lewis unumwunden bekannt gab, daß jeder Journalist, jede Zeitung, jedes Rundfunkmedium das Amtsgeheimnisse veröffentlicht oder auch nur besitzt sich eines ernsten Verbrechens schuldig macht. Ihre ganze Strategie war gewesen vorzugeben, daß dem nicht so sei.

Lewis ging dann zum abschließenden Argument der Anklagepartei über. Die Entscheidung die das Gericht zu fällen habe sei im Grunde keine Entscheidung, konstatierte er. Assange müsse ausgeliefert werden. Das Vergehen erfülle die beidseitige Strafbarkeit, da es sowohl in den Vereinigten Staaten von Amerika als auch im Vereinigten Königreich eine Straftat sei. Das Auslieferungsgesetz des Vereinigten Königreichs schließe es ausdrücklich aus, daß das Gericht prüft, ob es Beweise gibt, die die Anklage untermauern. Wenn es, wie die Verteidigung argumentiert, Verfahrensmissbrauch gegen hätte, so müsse das Gericht dennoch ausliefern, und dann müsse das Gericht den Verfahrensmissbrauch als einen separaten Fall gegen die Täter verfolgen. (Dies ist eine besonders fadenscheinige Argumentation, da, wie Lewis sehr wohl weiß, es dem Gericht aufgrund der Staatenimmunität nicht möglich ist, gegen die US Regierung vorzugehen). Zu guter Letzt äußerte Lewis, daß der Human Rights Act und die Meinungsfreiheit in Auslieferungsverfahren gänzlich irrelevant seien.

Im Anschluß erhob sich Edward Fitzgerald um für die Verteidigung zu eröffnen. Er begann mit der Aussage, daß das Motiv hinter der Strafverfolgung voll und ganz politisch sei, und daß politische Straftaten durch Artikel 4.1 des USA/GB Auslieferungsabkommens explizit ausgeschlossen werden. Er wies darauf hin, daß die Regierung unter Obama während des Verfahrens gegen Chelsea Manning, und nochmals 2013, konkrete Entscheidungen gefällt habe, Assange nicht für die Manning Leaks zu belangen. Dies sei durch die Trump-Regierung aus rein politischen Gründen rückgängig gemacht worden.

Bezüglich Verfahrensmissbrauch griff Fitzgerald auf Beweise zurück, die spanischen Strafgerichtshöfen vorliegen und besagen, daß die CIA eine spanische Sicherheitsfirma damit beauftragte, Julian Assange in der Botschaft auszuspionieren, und daß diese Spionage insbesondere Assanges geschützte Treffen mit seinen Anwälten mit einschloß, in denen es um die Auslieferung ging. Wenn derjenige Staat, welcher versucht die Auslieferung zu erwirken, die Mandantengespräche des Beklagten ausspioniert, sei dies schon für sich genommen ein Grund, den Fall abzuweisen. (Dieser Standpunkt ist unzweifelhaft wahr. Jeder anständige Anwalt würde den Fall aufgrund des unerhörten Ausspionierens der Strafverteidiger kurzerhand verwerfen).

Die Verteidigung, so Fitzgerald weiter, würde Beweise erbringen, daß die CIA Assange und seine Anwälte nicht nur ausgespäht habe, sondern aktiv die Möglichkeit in Betracht gezogen habe ihn zu entführen oder zu vergiften, was aufzeige, daß es in diesem Fall keine Bereitschaft für eine volle Rechtsstaatlichkeit gebe.

Fitzgerald sagte, die Darstellung des Falls durch die Staatsanwaltschaft enthalte vorsätzliche Falschdarstellungen der Fakten, was ebenfalls auf Verfahrensmissbrauch hinauslaufe. Es sei nicht wahr, daß irgendwelche Beweise für die Gefährdung von Informanten existierten. Die US Regierung habe dies in anderen Foren bestätigt, z.B. während es Verfahrens gegen Chelsea Manning. Es habe keine Verschwörung gegeben, Computer zu hacken, und Chelsea Manning wurde vom Militärgericht von dieser Anklage freigesprochen. Außerdem sei es unwahr, daß Wikileaks die Veröffentlichung ungeschwärzter Informantennamen initiiert habe, da andere Mediengesellschaften zuerst hierfür verantwortlich seien.

Abermals wurde, soweit ich das überblicke, über die Anschuldigungen der USA hinsichtlich der Gefährdung von Informanten medial breitflächig berichtet, während über die entschiedene Anfechtung dieser Anschuldigung seitens der Verteidigung ebenso wie die Aussage, daß die Fabrikation von Tatbeständen Verfahrensmissbrauch sei, kaum berichtet wird. Schließlich verwies Fitzgerald als Gründe für die unabdingbare Verweigerung der Auslieferung auf die Bedingungen in US-Gefängnissen, auf die Unmöglichkeit eines fairen Verfahrens in den USA, sowie auf die Tatsache, daß die Trump-Regierung erklärt habe, ausländische Staatsangehörige würden keinen Schutz durch den ersten Verfassungszusatz erhalten. Die gesamte Stellungnahme der Verteidigung kann man hier lesen, doch meiner Meinung nach war der wichtigste Abschnitt Folgender, der sich damit beschäftigt, warum dies eine politische Verfolgung sei, und damit die Auslieferung ausgeschlossen:

5.3 Zum Zwecke von Sektion 81(1) muß ich mich nun der Frage widmen,
inwiefern diese politisch motiverte Verfolgung die Voraussetzungen
erfüllt, aufgrund seiner politischen Ansichten gegen Julian Assange
gerichtet zu sein. Der Kern seiner politischen Ansichten, welche
diese Strafverfolgung herbeigeführt haben, werden in den Berichten
von Professor Feldstein [tab 18], Professor Rogers [tab 40],
Professor Noam Chomsky [tab 39] und Professor Kopelmann
zusammengefasst:-
 i Er ist ein führender Verfechter einer offenen Gesellschaft 
und der Meinungsfreiheit 
 ii Er ist gegen Krieg und gegen Imperialismus  
 iii Er ist ein weltweit angesehener Vorkämpfer für politische Transparenz 
und für das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Informationen zu wichtigen 
Themen – Themen wie politischer Korruption, Kriegsverbrechen, d
er Folter und Mißhandlung  von Guantanamo-Insassen  
5.4 Diese Überzeugungen und diese Taten bringen ihn – aus
politischen Gründen – unausweichlich in Konflikt mit mächtigen
Staaten, einschließlich der gegenwärtigen US Regierung. Dies
erklärt warum er als Terrorist angeprangert wurde, und warum
Präsident Trump in der Vergangenheit die Todesstrafe gefordert hat.
5.5 Aber ich sollte hinzufügen, daß seine Enthüllungen sich bei
weitem nicht auf die Verfehlungen der USA beschränken. Er hat
Überwachung durch Russland aufgedeckt; und Enthüllungen über Mr.
Assad in Syrien veröffentlicht; und man sagt, daß die
Wikileaks-Enthüllungen über Korruption in Tunesien und über Folter
in Ägypten sogar Auslöser für den Arabischen Frühling gewesen
seien.
5.6 Die USA behaupten er sei kein Journalist. Aber in Anhang M finden
sie eine vollständige Aufzeichung seiner Arbeit. Seit 2009 ist er
Mitglied des australischen Journalistenverbandes, er ist Mitglied der
NUJ und der Europäischen Journalisten-Föderation. Er hat zahlreiche
Medienpreise gewonnen, einschließlich der Ehrung mit der höchsten
australischen Auszeichnung für Journalisten. Seine Arbeiten werden
von The Economist, Amnesty International und dem Europarat anerkannt.
Er ist Träger des Martha Gelhorn Preises und wurde wiederholte Male
für den Friedensnobelpreis nominiert, einschließlich letzten und
diesen Jahres. Anhand des Materials sieht man, daß er Bücher
geschrieben hat, Artikel und Dokumentationen. Seine Artikel wurden im
Guardian veröffentlicht, in der New York Times, der Washington Post
und im New Statesman, um nur ein paar zu nennen. Einige eben der
Veröffentlichungen wegen derer nun seine Auslieferung ersucht wird,
wurden in Gerichtssälen rund um die Welt referenziert und sich auf
sie verlassen, einschließlich des Obersten Gerichtshofs des
Vereinigten Königreichs und des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte. Kurz gesagt hat er weltweit die Interessen von
Transparenz und Informationsfreiheit verfochten.
5.7 Professor Noam Chomsky drückt es folgendermaßen aus: - „in
dem er tapfer politische Überzeugungen aufrechterhält, von denen
die meisten behaupten, sie zu teilen, hat er all jenen auf der Welt,
die die Werte von Freiheit und Demokratie zu schätzen wissen, und
die daher das Recht verlangen zu wissen, was ihre gewählten
Repräsentanten tun, einen enormen Dienst erwiesen [siehe tab 39,
paragraph 14]. Daher ist Julian Assanges positiver Einfluß auf die
Welt unbestreitbar. Die Feindseligkeit, die dies seitens der Trump
Regierung hervorgerufen hat, ist gleichermaßen unbestreitbar.
Die rechtliche Voraussetzung für „politische Meinungen“
5.8 Ich bin mir
sicher, Sie sind sich der rechtlichen
Befugnisse bezüglich dieser Frage bewußt:
nämlich ob eine Anfrage aufgrund der politischen Meinungen des
Beklagten getätigt wird. Wenn man diese Voraussetzung prüft muß
ein umfassender Ansatz angewendet werden. Um dies zu unterstützen
berufen wir uns auf den Fall Re Asliturk [2002] EWHC 2326 (Mißbrauch
Behörden, tab 11, Paragraphen 25-26), welcher klar festlegt, daß
ein solch umfassender Ansatz auf das Konzept der politischen Meinung
angewendet werden soll. Und das wird offensichtlich Julian Assanges
ideologische Positionen umfassen. Ferner berufen wir uns auf Fälle
wie Emilia Gomez v SSHD [2000] INLR 549 […].
Diese zeigen auf, daß das Konzept „politische Meinungen“ sich
auch auf die politischen Meinungen erstreckt, die dem individuellen
Bürger durch den Staat, von dem er verfolgt wird, unterstellt
werden. Aus diesem Grund verdeutlicht die Beschreibung von Julian
Assange und Wikileaks als eine
„nicht-staatliche feindliche Geheimdienststelle“ durch Herrn
Pompeo, daß er aufgrund seiner unterstellten politischen Meinungen
anvisiert worden ist. All die Experten, deren Berichte sie vor sich
haben, zeigen auf, daß Julian Assange gezielt wegen der Politischen
Ansichten die ihm von der Trump Regierung unterstellt werden
anvisiert worden ist – als ein Feind Amerikas der zu Fall gebracht
werden muß.

Morgen wird die Verteidigung fortfahren. Ich bin mir sehr unsicher, was passieren wird, da ich mich im Moment viel zu erschöpft fühle um um 6:00 dort zu sein und mich anzustellen um Einlaß zu erhalten. Aber ich hoffe es irgendwie zu bewerkstelligen morgen Abend einen weiteren Bericht zu verfassen.

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